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EU-Ratspräsidentschaft: Diese Bau-Themen sollten im Fokus stehen

Ab dem 1. Juli 2020 übernimmt Deutschland für sechs Monate die EU-Ratspräsidentschaft. Diese Chance sollte die Politik nutzen, um wichtige Themen rund um Bauen und Wohnen in der Europäischen Union voranzubringen. Wie unser Zentralverband des Deutschen Baugewerbes (ZDB) betont, steht die europäische Bauwirtschaft für 9,5 % des Bruttoinlandsprodukts der EU27-Staaten. Somit haben Bauinvestitionen auch auf europäischer Ebene hohe Auswirkungen auf die jeweiligen Volkswirtschaften.

Die fünf Forderungen des Baugewerbes

1. Bauprodukte

Bauunternehmer und Bauplaner müssen mit einfachen Mitteln rechtssicher erkennen können, ob und wie sie Bauprodukte und -arten in Bauwerken verwenden dürfen. Deutschland muss sich deshalb mit Nachdruck dafür einsetzen, dass die mangelhaften europäischen Bauprodukten- und Baustoffnormen zügig nachgebessert werden. Die Normen müssen künftig so vervollständigt werden, dass zusätzliche nationale Nachregelungen unbedeutend werden und sich die am Bau beteiligten Akteure auf einen verlässlichen Rahmen beziehen können. Wo allerdings dieser verlässliche Rahmen noch fehlt, muss den Mitgliedsstaaten die Möglichkeit gegeben sein, ohne drohenden Verstoß gegen EU-Recht national nachzuregeln.

2. Kreislaufwirtschaft

Für eine funktionierende effiziente Kreislaufwirtschaft - der besonders vor dem Hintergrund der angekündigten Revonvierungswelle große Bedeutung zukommt - ist der Europäischen Aktionsplan Kreislaufwirtschaft ist ein wichtiger Baustein. Er zielt hauptsächlich auf eine ressourcenschonende Herstellung von Produkten. Mehr Beachtung sollte darin allerdings dem Einsatz von recycelten Bauabfällen geschenkt werden. Es sollten Aktivitäten gefördert werden, die zu einer höheren Akzeptanz und somit Nachfrage für Recyclingbaustoffen führen. Dazu müssen auch vergleichbare und diskriminierungsfreie Marktbedingungen für mineralische Primär- und Recyclingbaustoffe geschaffen werden.

Einen entscheidenden Hebel, um den Einsatz von Recyclingbaustoffen zu stärken, sehen wir im Festlegen von Abfallende-Kriterien. In Europa und auch in Deutschland fehlt es jedoch an harmonisierten Bedingungen für das rechtssichere Verlassen des Abfallregimes. Eine europäische Verordnung zum Abfallende würde hier mehr Klarheit schaffen. Zudem muss darauf geachtet werden, dass neue Umweltauflagen nicht zu bürokratischen Hürden werden, sondern praxistauglich umzusetzen sind.

3. Renovierungswelle

Für die im Green Deal angekündigte Renovierungswelle muss die EU geeignete Rahmenbedingungen festlegen, die zu einer Erhöhung der Renovierrungsquote beitragen. Es sollte den Mitgliedsstaaten eingeräumt werden, Förderprogramme zu schaffen und steuerliche Sondermaßnahmen zu ergreifen, um die Renovierung bestehender Gebäude z.B. durch ermäßigte Mehrwertsteuersätze auf arbeitsintensive Dienstleistungen sowie auf effiziente Baumaterialien zu unterstützen.

Im Rahmen europäischer Struktur- und Investitionsfonds sollten Mittel bereitgestellt werden, die auf mitgliedsstaatlicher Ebene in umfassende Sanierungsstrategien fließen können. Um möglichst große Wirkung zu entfalten, eignet sich für eine Sanierungswelle grundsätzlich der quartiersbezogene Ansatz. Dadurch können einerseits vernetzte Lösungen aus Energieeffizienz, Mobilität, Energieerzeugung und mehr großflächig geplant und umgesetzt werden. Bei der Förderung des Quartiersansatzes ist allerdings streng darauf zu achten, dass die Tür für den Mittelstand zur Teilnahme an Projekten dieser Größe nicht versperrt wird.

4. Arbeitnehmer- und Dienstleistungsmobilität

Unsere Bauunternehmen sind auf Fachkräfte aus dem europäischen Ausland angewiesen und führen dort auch Arbeiten durch. Die Umsetzung der Entsenderichtlinie hat im Nachgang zu einem wahren Flickenteppich an umfangreichen Melde- und Dokumentationspflichten und Verfahren innerhalb der EU geführt. Wir fordern deshalb auf Bundesebene, dass bei grenzüberschreitenden Dienstreisen (mit Dienst- oder Werkleistungserbringung) das Verfahren der A1-Bescheinigung von Tag 1 angewendet wird und setzen uns dabei für europaweit einheitliche unbürokratische Verfahren unter Nutzung digitaler Lösungen ein.

5. Vergabe an europäische Bauunternehmen

Wir halten es für nicht tragbar, Infrastrukturprojekte, die aus öffentlichen Geldern der EU bezahlt werden, an außereuropäische Bauunternehmen, z.B. chinesische Staatsunternehmen, zu vergeben. Diese machen mit Dumpingpreisen einen fairen Wettbewerb unmöglich und drängen europäische Bauunternehmen, die sämtliche Sozial- und Umweltstandards der EU erfüllen müssen, aus dem Wettbewerb. Dadurch gehen Arbeitsplätze innerhalb der EU verloren. Aus unserer Sicht ist es daher dringend erforderlich, sicherzustellen, dass bei durch die EU kofinanzierten Bauvorhaben eine Vergabe ausschließlich an Bieter aus EU-Mitgliedstaaten in Frage kommt.

Für mehr Informationen zu den einzelnen Forderungen stellen wir Ihnen das Positionspapier des ZDB anbei zum Download bereit.

Deutschland übernimmt EU-Ratspräsidentschaft 2020

Foto: Pexels